Was ist Bürgergeld?
Das Bürgergeld ist seit dem 1. Januar 2023 die Nachfolgeleistung des Arbeitslosengeldes II (ALG II). Es handelt sich um eine Grundsicherungsleistung für erwerbsfähige Personen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können. Mit der Einführung des Bürgergeldes wurden sowohl die Leistungshöhe als auch die Unterstützungsstrukturen reformiert.
Ziele der Bürgergeld-Reform
- Erhöhung der Regelbedarfe
- Vereinfachung der Antragstellung
- Stärkung der beruflichen Weiterbildung
- Reduzierung von Sanktionen
- Verbesserung der Betreuung
Aktuelle Bürgergeld-Sätze 2025
Die Regelbedarfe für das Bürgergeld werden jährlich angepasst. Für 2025 gelten folgende Sätze:
Regelbedarfe
- Alleinstehende/Alleinerziehende: 563 Euro
- Paare (je Partner): 506 Euro
- Jugendliche (14-17 Jahre): 471 Euro
- Kinder (6-13 Jahre): 390 Euro
- Kinder (0-5 Jahre): 357 Euro
- Erwachsene in Wohngemeinschaften: 451 Euro
Zusätzliche Leistungen
Neben dem Regelbedarf werden weitere Kosten übernommen:
- Kosten der Unterkunft: Miete, Heizung, Betriebskosten
- Kranken- und Pflegeversicherung
- Mehrbedarfe: Für besondere Lebenssituationen
- Einmalige Beihilfen: Erstausstattung, Reparaturen
Voraussetzungen für Bürgergeld
Grundvoraussetzungen
- Erwerbsfähigkeit: 15 Jahre bis zur Regelaltersgrenze
- Hilfebedürftigkeit: Einkommen reicht nicht zum Lebensunterhalt
- Gewöhnlicher Aufenthalt: In Deutschland
- Verfügbarkeit: Für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen
Erwerbsfähigkeit
Als erwerbsfähig gelten Personen, die:
- Mindestens 15 Jahre alt sind
- Die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben
- Mindestens 3 Stunden täglich arbeiten können
- Nicht dauerhaft voll erwerbsgemindert sind
Hilfebedürftigkeit
Hilfebedürftig ist, wer:
- Seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten kann
- Über kein oder nur geringes Einkommen verfügt
- Kein verwertbares Vermögen besitzt
- Keine ausreichende Unterstützung von Angehörigen erhält
Neue Regelungen seit 2023
Karenzzeit
In den ersten 12 Monaten des Bürgergeld-Bezugs gelten vereinfachte Regeln:
- Vermögensprüfung: Pauschale Vermögensfreibeträge
- Wohnkosten: Tatsächliche Kosten werden übernommen
- Angemessenheit: Weniger strenge Prüfung
Erhöhte Vermögensfreibeträge
Die Vermögensfreibeträge wurden deutlich erhöht:
- Erwachsene: 15.000 Euro (statt 10.000 Euro)
- Kinder: 7.500 Euro (statt 4.100 Euro)
- Zusätzlicher Freibetrag: 48.750 Euro für Altersvorsorge
Weiterbildungsförderung
Neue Möglichkeiten für berufliche Qualifizierung:
- Weiterbildungsgeld: 150 Euro monatlich zusätzlich
- Qualifizierungsgeld: Für längere Umschulungen
- Coaching: Individuelle Begleitung
Antrag auf Bürgergeld
Zuständigkeit
Der Antrag wird beim örtlichen Jobcenter gestellt. Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Wohnort.
Antragstellung
Bürgergeld kann beantragt werden:
- Online: Über das Portal der Bundesagentur für Arbeit
- Persönlich: Beim Jobcenter
- Schriftlich: Per Post
- Telefonisch: Zunächst Terminvereinbarung
Erforderliche Unterlagen
Für den Bürgergeld-Antrag benötigen Sie:
Persönliche Unterlagen
- Personalausweis oder Reisepass
- Meldebescheinigung
- Geburtsurkunde
- Heiratsurkunde (falls verheiratet)
- Aufenthaltstitel (bei Ausländern)
Einkommensnachweise
- Lohn- und Gehaltsabrechnungen
- Arbeitsvertrag oder Kündigung
- Rentenbescheide
- Bescheide über andere Sozialleistungen
- Kontoauszüge der letzten 3 Monate
Wohnkosten
- Mietvertrag
- Mietbescheinigung
- Heiz- und Betriebskostenabrechnungen
- Stromvertrag und Rechnungen
Wichtige Tipps für den Antrag
Vorbereitung
- Unterlagen sammeln: Vollständige Dokumentation vorbereiten
- Kopien anfertigen: Originale behalten
- Fristen beachten: Antrag rechtzeitig stellen
- Beratung nutzen: Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen
Antragstellung
- Vollständigkeit: Alle Felder ausfüllen
- Wahrheitsgemäße Angaben: Nichts verschweigen
- Unterschrift: Antrag persönlich unterschreiben
- Empfangsbestätigung: Eingang bestätigen lassen
Nach der Antragstellung
- Erreichbarkeit: Adresse und Telefonnummer aktuell halten
- Termine wahrnehmen: Ladungen befolgen
- Änderungen melden: Neue Umstände mitteilen
- Nachweise erbringen: Geforderte Unterlagen nachreichen
Mitwirkungspflichten
Allgemeine Pflichten
- Verfügbarkeit: Dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen
- Arbeitssuche: Aktiv nach Arbeit suchen
- Termine: Vorladungen befolgen
- Maßnahmen: An Eingliederungsmaßnahmen teilnehmen
- Auskunft: Wahrheitsgemäße Auskünfte erteilen
Bewerbungspflichten
- Eigeninitiative: Selbstständige Arbeitssuche
- Zumutbare Arbeit: Angebote annehmen
- Bewerbungsnachweis: Aktivitäten dokumentieren
- Mobilität: Bereitschaft zur Ortsveränderung
Sanktionen und Kürzungen
Neue Sanktionsregeln
Die Sanktionsregeln wurden mit der Bürgergeld-Reform gelockert:
- Maximale Kürzung: 30% des Regelbedarfs
- Erste Pflichtverletzung: 10% Kürzung
- Wiederholte Pflichtverletzung: 20% Kürzung
- Schwerwiegende Pflichtverletzung: 30% Kürzung
Vertrauen und Kooperation
In den ersten 6 Monaten gelten besondere Regeln:
- Vertrauenszeit: Sanktionen nur bei schwerwiegenden Verstößen
- Kooperationsplan: Gemeinsame Zielsetzung
- Beratung vor Sanktion: Aufklärung über Pflichten
Bedarfsgemeinschaft
Wer gehört zur Bedarfsgemeinschaft?
- Antragsteller: Erwerbsfähige hilfebedürftige Person
- Partner: Ehepartner, Lebenspartner, eheähnliche Gemeinschaft
- Kinder: Unter 25 Jahre, unverheiratet, im Haushalt lebend
- Eltern: Bei unverheirateten Kindern unter 25 Jahren
Einstehensgemeinschaft
Partner in einer Bedarfsgemeinschaft stehen füreinander ein:
- Einkommensanrechnung: Gemeinsame Betrachtung
- Vermögensanrechnung: Gegenseitige Berücksichtigung
- Unterhaltspflicht: Füreinander einstehen
Mehrbedarf und Sonderleistungen
Mehrbedarf
Zusätzliche Leistungen für besondere Situationen:
- Schwangere: 17% des Regelbedarfs
- Alleinerziehende: 12-60% je nach Kinderzahl
- Schwerbehinderte: 35% des Regelbedarfs
- Kostenaufwändige Ernährung: Bis zu 10 Euro täglich
Einmalige Beihilfen
- Erstausstattung der Wohnung
- Erstausstattung für Bekleidung
- Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt
- Reparaturen von Haushaltsgeräten
Bildung und Teilhabe
Bildungspaket
Für Kinder und Jugendliche gibt es zusätzliche Leistungen:
- Schulausflüge und mehrtägige Klassenfahrten
- Schulausstattung: 195 Euro jährlich
- Schülerbeförderung
- Lernförderung/Nachhilfe
- Mittagsverpflegung in Schule und Kita
- Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben: 15 Euro monatlich
Übergang in Arbeit
Eingliederungsleistungen
- Bewerbungskosten: Erstattung von Bewerbungskosten
- Arbeitskleidung: Erstausstattung mit Arbeitskleidung
- Fahrtkosten: Zu Vorstellungsgesprächen und Arbeitsplatz
- Arbeitsaufnahme: Einmalige Beihilfe bei Arbeitsaufnahme
Weiterbildung und Qualifizierung
- Berufliche Weiterbildung: Übernahme der Kosten
- Weiterbildungsgeld: 150 Euro monatlich zusätzlich
- Qualifizierungsgeld: Für längere Umschulungen
- Coaching: Individuelle Begleitung
Häufige Probleme und Lösungen
Bewilligungsbescheid prüfen
- Vollständigkeit: Alle Leistungen enthalten?
- Berechnung: Sind die Beträge korrekt?
- Bewilligungszeitraum: Laufzeit beachten
- Auflagen: Welche Pflichten bestehen?
Bei Problemen
- Rückfragen: Sachbearbeiter kontaktieren
- Widerspruch: Bei falschen Bescheiden
- Beratung: Professionelle Hilfe suchen
- Ombudsstelle: Bei Beschwerden
Bürgergeld und andere Leistungen
Vorrangige Leistungen
Vor Bürgergeld sind andere Leistungen zu beantragen:
- Arbeitslosengeld I
- Kindergeld
- Unterhalt
- Wohngeld
- Kinderzuschlag
Ergänzende Leistungen
- Aufstocker: Ergänzung zu niedrigem Einkommen
- Erwerbstätige: Zusätzlich zu geringem Lohn
- Rentner: Ergänzung zu niedriger Rente
Tipps für den laufenden Bezug
Organisation
- Ordner anlegen: Alle Unterlagen sammeln
- Termine notieren: Wichtige Fristen beachten
- Kopien anfertigen: Sicherheitskopien erstellen
- Kontaktdaten aktuell halten
Kommunikation
- Schriftlich: Wichtige Mitteilungen schriftlich machen
- Höflich bleiben: Respektvoller Umgang
- Nachfragen: Unklarheiten sofort klären
- Termine einhalten: Pünktlichkeit ist wichtig
Fazit
Das Bürgergeld bietet erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine existenzsichernde Grundleistung. Die Reform 2023 hat sowohl die Leistungen erhöht als auch die Unterstützung verbessert. Wichtig ist eine vollständige und rechtzeitige Antragstellung sowie die Einhaltung der Mitwirkungspflichten.
Nutzen Sie die neuen Möglichkeiten der Weiterbildung und Qualifizierung, um Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Bei Fragen oder Problemen scheuen Sie sich nicht, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen.